Bettlaken an denen an bunten Büroklammern beschriebene Kärtchen hängen flattern im Wind.

„Ich brauche eine Mfg am Samstag nach Freiburg“ „Ich kann jemandem Gitarrespielen beibringen“ „Ich brauche Heringe für mein Zelt“ „Bremsen leben nur 5 Tage“ „Ich suche Menschen für eine Gemeinschaftsgründung bei Kassel“ steht auf den Kärtchen.

Drumherum torkeln bunt gekleidete Festivalbesucher. Wir sitzen müde in unserer Hägematte, beobachten das Treiben und essen containerte Pellkartoffeln. Wir (das sind Rosina, Philip, Luisa, Lauritz und Flo) versuchen diesen Sommer auf 16 Veranstaltungen die Idee des Teilens zu verbreiten.

 

Wir wollen mit der Flake eine andere Form des Wirtschaftens leben, die fernab von Verwertungs- und Tauschlogik, Beziehungen fördert in denen Menschen nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten miteinander teilen. Wir wollen nicht nur die Megamaschiene analysieren oder von einer commonsbasierten Gesellschaft (Commonismus) träumen, sondern in unserem direktem Wirkungkreis ins Tun und Spielen kommen.

Ich sehe jemanden mit einer leeren Karte und einem Stift in der Hand, der nicht so recht weiß was er schreiben soll. Es ist ziemlich ungewohnt für uns, uns klar zu werden was wir eigentlich in dieser Welt beitragen können. Und Verantwortung für unsere Bedürfnisse zu übernehmen und schöpferisch im Einklang mit unserer Mitwelt unsere Strategien zu wählen, diese zu befriedigen ist uns sehr fremd. Weil es eben so viel leichter ist, dass beizutragen, was gut bezahlt wird wie sinnlos es auch sein mag und durch Konsum und in klar geregelten Tauschbeziehungen zu versuchen unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Der Mann schreibt etwas auf die Karte und hängt sie an das passende Bettlaken. Nun ist sie für das ganze Festival theoretisch sichtbar.

Wenn wir tauschlogikfreie Wirtschaftskreisläufe schaffen wollen müssen wir es schaffen unsere Bedürfnisse und Fähigkeiten anders zu koordinieren. Die offensichtlichste Lösung wäre eine Onlineplattform auf der zum Beispiel auf einer Karte sichtbar wäre welche Bedürfnisse und Fähigkeiten gerade in meiner Nähe da sind. Aber wir fünf sind alle keine Programmierer, und so entstand die Konstruktion aus Ästen und Bettlaken, die von oben mit ihren sechs Armen aussieht wie eine Schneeflocke. Und uns gefiel auch die Idee, dass sich die Menschen tatsächlich physisch begegnen können und die Flake anfassbar und gestaltbar ist.

Noch mehr Spaß als dabei zuzusehen, wie Menschen Kärtchen aufhängen ist es natürlich zu sehen wie Menschen Dinge teilen. Massagen und Zuhören, Decken und Brot, Mitfahrgelegenheiten, Orte, Ideen und Pläne und wie die vielen tollen Projekte, die nach und nach so viele wurden, dass wir gar nicht mehr alle aufhängen konnten. Die Flake macht mir Hoffnung, weil sie so viel Menschlichkeit sichtbar macht und so viele Projekte die alle schon für einen sozialen, ökologischen und ökonomischen Wandel wirken sichtbar macht. Es passiert schon so viel und wir wissen schon so viel. Jetzt gilt es uns zu vernetzen! Würde es in jeder Schule, jedem Wohnhaus, jedem Büro eine Flake geben, die es möglich macht sich Bedürfnisse und Fähigkeiten bewusst zu werden, sichtbar zu machen und ohne Tauschlogiken zu vernetzen könnten wir schon jetzt ein kleines Stück Utopie lebendig werden lassen. Es gilt viele Dinge zu erforschen: Was brauchen Menschen um miteinander zu teilen? Und wie können wir diese Kompetenzen wie Selbstbestimmung und Vertrauen fördern? Warum teilen Menschen und was macht es mit uns? Wie können wir Gemeinschaften bilden in denen wir uns mit unseren Bedürfnissen uns Fähigkeiten unterstützen?

Einige Antworten sind nach den vielen Orten an denen wir mit unserem kleinen Bus vorfahren, die Flake aufbauen, pflegen und abbauen durften uns schon klarer geworden. Jetzt wollen wir nicht mehr auf uns abbauen, sondern suchen möglichst viele Orte an denen eine längerfristige Flake, angepasst an die Umstände vor Ort wirken darf. Die Flake darf von allen Menschen mitgestaltet werden, sie ist für uns alle da!

Fröhliches Flaken!

…Luisa für die Flake-Crew